-Funkwasserzähler-

Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Datenschutzgesetz

(Drs. 17/19628) - Erste Lesung -

 

Gesetzentwurf der Staatsregierung

 

für ein Bayerisches Datenschutzgesetz (Drs. 17/19628)

 

- Erste Lesung -

 

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregie-rung begründet. Ich darf hier wiederum Herrn Staats-sekretär Eck das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

 

Staatssekretär Gerhard Eck (Innenministerium): Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die im April 2016 verabschiedete Datenschutzreform tritt am 26. Mai 2018 in Kraft. Mit ihr erhält der Daten-schutz in Europa, in Deutschland und damit auch bei uns im Freistaat Bayern eine neue Grundlage. Erst-mals setzt Europa mit einheitlichen Regeln für den Datenschutz und millionenschweren Bußgeldandro-hungen spürbare Schranken für die bislang scheinbar unbegrenzte Macht der globalen Internetriesen wie Google und Facebook. Die EU-Datenschutzreform bringt aber auch für die Datenschutzpraxis Anpas-sungserfordernisse mit sich. Sie zwingt uns zu umfas-senden Rechtsanpassungen auch im Landesrecht. Die Neufassung des Bayerischen Datenschutzgeset-zes und die Anpassung weiterer – ich betone das ganz besonders – 23 Landesgesetze ist deshalb das bisher weitreichendste Reformwerk für das Daten-schutzrecht im Freistaat Bayern. Bayern gehört damit sowohl europa- als auch bundesweit zu den ersten Ländern, die diese Herausforderung angegangen sind und ein umfassendes Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung des Landesrechts angestrengt haben. Ich glaube, darauf können wir ein Stück weit stolz sein. Das ist aber – das möchte ich betonen – kein Kurs-wechsel. Bayern hat in Brüssel zusammen mit den anderen Ländern und dem Bund mit allem Nachdruck dafür geworben, uns, den nationalen Parlamenten, für den Datenschutz bei Behörden Regelungsspielräume innerhalb der Datenschutz-Grundverordnung zu erhal-ten. Das ist in vielen Fällen auch geglückt, liebe Kolle-ginnen und Kollegen. Im vorliegenden Gesetzentwurf nutzen wir diese Regelungsspielräume, um schlicht und ergreifend Bewährtes zu bewahren. Wir haben in Bayern schon heute ein hohes Datenschutzniveau mit passgenauen Regelungen etwa zur Videoüberwa-chung erreicht. Es lohnt sich daher, diese gut einge-

 

spielten Grundfunktionen und Strukturen des gelten-den Datenschutzrechtes aufrechtzuerhalten und zu bewahren. Ein Beispiel dafür ist die Datenschutzkom-mission des Landtags, die den Landesbeauftragten für den Datenschutz auch künftig beratend unterstüt-zen soll.Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss darf ich noch eine Regelung aufgreifen, die keineswegs im Mittelpunkt des Reformprojektes steht, aber in der öf-fentlichen Wahrnehmung viel Aufmerksamkeit erfah-ren hat: die Satzungsermächtigung der Kommunen für den Einsatz und Betrieb elektronischer Wasser-zähler. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Neure-gelung wahrt – so meinen wir – die Balance zwischen den privaten Interessen der Betroffenen und den wichtigen Belangen der Betriebssicherheit und Hygie-ne der gesamten Wasserversorgungseinrichtungen. Ich könnte jetzt ins Detail gehen, glaube aber, ich muss das nicht tun. Ein Widerspruchsrecht – ich denke, das ist ein wichtiger Satz – gegen ihren Ein-satz ist bereits unmittelbar im europäischen Recht verankert. Dies ermöglicht vor Ort im Einzelfall unter Abwägung verschiedenster Umstände einen fairen In-teressenausgleich. Hier gibt es aber noch wider-sprüchliche Meinungen und große Diskussionen. Des-halb meinen wir, diese Punkte müssen in den Ausschüssen ganz intensiv beraten werden. Die jetzt anstehenden Beratungen in den Ausschüssen – ich habe das angesprochen – geben uns die Gelegenheit dazu, diesen und die übrigen Lösungsansätze noch genauer zu untersuchen und sie bis zum Ablauf der Anpassungsfristen am 25. Mai 2018 zeitgerecht für die Praxis auf den Weg zu bringen. – In diesem Sinne herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

 

(Beifall bei der CSU)

 

Präsidentin Barbara Stamm: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Ich eröffne jetzt die Aussprache und darf für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Ritter das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

 

Florian Ritter (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Ge-setzentwurf will die Staatsregierung die Grundlage für die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung in Bayern legen. Die Datenschutz-Grundverordnung ist in vielen Bereichen wirklich ein deutlicher Schritt nach vorne im Datenschutz. Diese Entwicklung war nicht unbedingt absehbar, wenn Sie sich an die Debatten erinnern, die wir vor einigen Jahren hatten, auch über versuchte Einflussnahmen und Lobbyismus bei der Entscheidung über die Datenschutz-Grundverord-nung, das heißt über den Vorgängerentwurf, der auf der europäischen Ebene verhandelt worden ist. So ist mit der jetzt ab Mai in Kraft tretenden Datenschutz-Grundverordnung eine ausgezeichnete Grundlage für einen gesamteuropäischen Datenschutz gelegt. Wir haben in der freien Wirtschaft eine deutliche Verbes-serung im Bereich des Datenschutzes, eine Fort-schreibung des hohen Datenschutzniveaus im öffentli-chen Bereich, wie wir es in Bayern gewohnt sind. Der vorliegende Gesetzentwurf gilt der Umsetzung der Grundverordnung im öffentlichen Bereich, bei den Ämtern, Behörden und Kommunen im Freistaat Bay-ern.Kolleginnen und Kollegen, auch wenn die SPD-Frak-tion in der Vergangenheit und mit Sicherheit auch in der Zukunft immer wieder Auseinandersetzungen mit der Staatsregierung und mit der Mehrheitsfraktion im Hause über die konkrete Ausgestaltung bestimmter Datenschutzrechtsfragen und Eingriffe in die Persön-lichkeitsrechte hatte, so muss man doch feststellen, dass dieser Gesetzentwurf erstmal eine solide Basis für die weitere Beratung in den Ausschüssen hier im Haus ist. Von daher geht auch mein Dank an die Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium. Hier ist mit Sicherheit eine ausgesprochene Fleißaufgabe er-ledigt worden. Ich denke, wir können sehr gut damit arbeiten. Wir werden aber auch Debatten über die konkrete Ausgestaltung einzelner Fragen in den Aus-schüssen führen müssen. Die tatsächliche Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger, ihre Rechte in den Ein-zelfragen wahrzunehmen, ist das eine. Das andere ist natürlich, wie es dann wirklich in der Praxis aussieht, wenn dieses Recht in den Behörden angewendet wer-den muss. Positiv bewerten wir auf alle Fälle die Bei-behaltung der bisherigen Strukturen der unabhängi-gen Kontrolle, eben der Datenschutzbeauftragten, wie auf der europäischen Ebene vorgesehen, aber auch der bayerischen Sonderregelung mit der Datenschutz-kommission im Bayerischen Landtag. Hier werden die parlamentarischen Möglichkeiten wie gewohnt fortge-schrieben.Vieles an diesem Entwurf und an der Gesamtkonstel-lation beim Datenschutz, Kolleginnen und Kollegen, ist aber gerade für die Bürgerinnen und Bürger etwas ungewohnt. Deshalb sind wir gefordert, diesen Ge-setzentwurf und die Anwendung der Datenschutz-grundverordnung in Bayern besser zu erklären, als man das vielleicht bei manchen anderen Gesetzen macht. Ein Beispiel wurde vom Staatssekretär Eck schon angesprochen: Das Widerspruchsrecht bei-spielsweise wird im Gesetzentwurf nicht erwähnt, weil es schon in der Datenschutz-Grundverordnung fest-geschrieben ist und nicht doppelt geregelt werden darf. Das ist für viele Bürgerinnen und Bürger mit Si-cherheit sehr ungewohnt. Die vom Staatssekretär an-gesprochene Debatte über die Wasserzähler mit Funkfunktion zeigt, dass hier deutlicher Erklärungsbe-darf da ist. Abgesehen davon, dass der Datenschutz

 

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bei dieser Debatte eher die Rolle einer Hilfsargumen-tation einnimmt und es wohl eher um die Frage von Elektroemissionen geht, ist die im Artikel 21 der Da-tenschutz-Grundverordnung festgeschriebene Wider-spruchsregelung unmittelbar geltendes Recht auch hier in Bayern, das für die Frage der Wasserzählerda-ten, aber auch aller weiteren Fragen unmittelbar zur Anwendung kommt. Natürlich stellt das einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar. Natürlich stellt es einen Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung dar. Die Begründung des Gesetzentwurfes ist im Haus völlig unstrittig. Wir werden in den Ausschüssen darüber reden müssen, ob die jeweiligen Schutzfunk-tionen und Schutzhürden angemessen und ausrei-chend sind. Wir werden das in diesem Sinne ernsthaft und problembewusst tun. Ich freue mich auf die De-batte in den Ausschüssen. Hierfür haben wir eine gute Grundlage. Wir werden die Debatte vernünftig führen.

 

(Beifall bei der SPD)

 

Präsidentin Barbara Stamm: Vielen Dank, Herr Kol-lege Ritter. – Für die CSU-Fraktion hat jetzt Frau Kol-legin Guttenberger das Wort. Bitte schön, Frau Kolle-gin.

 

Petra Guttenberger (CSU): Sehr geehrte Frau Präsi-dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Datenschutz-Grundverordnung stehen wir vor einer neuen Herausforderung. Wir haben das schon mehrfach gehört. Einerseits wollen wir die bewährten Aspekte unseres Bayerischen Datenschutzgesetzes weiterführen, andererseits müssen wir dieses an die Europäische Richtlinie zur Datenschutz-Grundverord-nung anpassen. Wir begrüßen die Datenschutz-Grundverordnung, weil in ganz Europa eine wirkliche Rechtseinheitlichkeit hinsichtlich des Datenschutzes erzielt wird. Mit dem Gesetzentwurf werden einerseits die entsprechenden Regelungen sowohl in unserem bisherigen Bayerischen Datenschutzgesetz als auch in den Fachgesetzen getroffen. Andererseits dient der Gesetzentwurf dazu, die Regelungsräume, die das europäische Recht eröffnet, auszufüllen. Ein Hauptziel ist beispielsweise die Rechtsvereinheitlichung. Die Rechtsvereinheitlichung erfolgt nicht nur dort, wo die Datenschutz-Grundverordnung unmittelbar gilt, son-dern auch dort, wo es um die Richtlinien zum Daten-schutz für Polizei und Justiz geht. Die Rechtsverein-heitlichung erfolgt daneben im verbleibenden Landesrecht. Mit dieser Regelung werden eine Ver-einheitlichung und Übersichtlichkeit in den Vollzugs-möglichkeiten als auch ein Stück Rechtssicherheit ge-schaffen. Mit dem Gesetzentwurf wird auch eine Leitlinie auf den Weg gebracht, die regelt, wie die Da-tenschutz-Grundverordnung anzuwenden ist. Deshalb hält sich die neue Regelung an die inhaltliche Normie-rung, die die Datenschutz-Grundverordnung geschaf-fen hat.Wir wollen – das sage ich jetzt, weil es bereits ange-sprochen wurde und weil es für uns als CSU-Fraktion wichtig ist. – im Fachrecht die Spielräume nutzen, die uns dieses Recht gibt. Wir verzichten beispielsweise auf weitergehende, über das Beanstandungsrecht des Datenschutzbeauftragten hinausgehende Vorschrif-ten. Es ist uns ganz wichtig, dass wir unsere bewähr-ten Regelungen erhalten können. Auch wollen wir die bewährten Strukturen im Landesmediengesetz auf-rechterhalten. Wir erkennen aber auch, wenn in die-sen Spielräumen die Notwendigkeit von Rechtssicher-heit und der Schaffung neuer Räume besteht. Deshalb möchte ich bereits jetzt einen Änderungsan-trag der CSU-Landtagsfraktion ankündigen.Für uns ist das Thema Funkwasseruhren ebenfalls sehr wichtig. Ich sage jetzt mal so: In vielen, vielen Städten, unter anderem auch in der Landeshauptstadt München, sind Funkwasseruhren bereits im Einsatz. Wir wollen den Kommunen nicht vorschreiben, was diese zu tun oder zu lassen haben. Ob die einzelne Kommune ihren Wasserstand via E-Mail, Post, Zettel an der Tür oder einem persönlich vorbeikommenden Ableser abruft, muss der Kommune überlassen blei-ben. Wenn die Kommune dies über einen Funkwas-serzähler machen möchte, soll sie dies auch tun kön-nen. Aber: Wir nehmen die Ängste der Bevölkerung ernst. Wir nehmen die Grundrechte der Menschen ernst. Deshalb kündige ich einen Änderungsantrag der CSU-Fraktion an. Wir werden die Änderung des Artikels 24 der Gemeindeordnung zwar vornehmen, aber dem Bürger gleichzeitig ein voraussetzungsloses Widerspruchsrecht zubilligen. Zudem müssen die Kommunen, bevor sie einen Funkwasserzähler ein-bauen, die Bürgerinnen und Bürger darüber in Kennt-nis setzen. Dies ist die Abwandlung gegenüber der Datenschutz-Grundverordnung. Ich freue mich auf eine interessante Diskussion in den Ausschüssen. Wir sollten diesen Gesetzentwurf wirklich als einen wichti-gen Meilenstein begreifen, der im Datenschutz in ganz Europa Einheitlichkeit schafft.

 

(Beifall bei der CSU)

 

Präsidentin Barbara Stamm: Vielen Dank. – Jetzt hat Frau Kollegin Gottstein für die Fraktion der FREI-EN WÄHLER das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

 

Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie be-reits ausgeführt, dient der vorliegende Gesetzentwurf im Wesentlichen der Anpassung an die Datenschutz-Grundverordnung, die Ende Mai in Kraft treten wird, und der Umsetzung der Richtlinie zum Datenschutz

 

vorläufiges Plenarprotokoll 17/121 v. 25.01.2018 Bayerischer Landtag – 17. Wahlperiode 17

 

bei Polizei und Justiz in nationales Recht. Wie schon erwähnt, werden dadurch viele Vorteile entstehen. Die Argumente der Vorredner möchte ich jetzt nicht wie-derholen. Die Vorteile sind gut. Da gehen wir mit, so weit, so gut.Die Kollegin Guttenberger hat bereits gesagt, dass es kritisch ist, den Artikel 24 der Gemeindeordnung neu zu fassen. Frau Guttenberger, die Ankündigung eines Änderungsantrags der CSU freut mich. Mir ist aber ei-niges noch nicht ganz klar. Ich hoffe, dass das in den folgenden Debatten klarer werden wir. Sie möchten, dass der Bürger über den Einsatz von Funkwasser-zählern in Kenntnis gesetzt werden soll. Wir, die FREIEN WÄHLER, sind nach wie vor der Meinung, dass das ursprünglich angedachte Widerspruchsrecht doch aufgenommen werden muss. Der Bürger soll nicht nur darauf hingewiesen werden. Das Recht muss dem Bürger klar zugestanden werden.

 

(Petra Guttenberger (CSU): Bei uns ja auch!)Gestern Abend hat der BDKJ zum siebten Mal seinen Jahresauftakt veranstaltet. Sie wissen das vermutlich. Bei dieser Veranstaltung sind von jeder Fraktion Ab-geordnete anwesend. Die Jugendlichen organisieren Diskussionstische. Ich war gestern am Tisch für sozia-le Fragen. Mich hat erschreckt, dass bei den Jugendli-chen wahnsinnig viele Ängste zutage treten. Die Ju-gend hat Ängste, die meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt sind.

 

Präsidentin Barbara Stamm: Frau Kollegin, gestat-ten Sie eine Zwischenfrage?

 

Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): – Bitte am Schluss. – Auch die Bundestagswahl zeigt, dass es uns zwar so gut wie nie zuvor geht, aber die Bevölkerung doch sehr verunsichert ist und Ängste hat. Wir müssen den Ängsten klar entgegentreten. Ängste entstehen da-durch, dass unsere Gesellschaft teilweise nicht mehr die Werte und den Halt wie früher anbietet, und durch eine gewisse Hilflosigkeit gegenüber dem Einsatz mo-derner Technik. Genau das ist der springende Punkt.Wir haben schon lange nicht mehr so viele Zuschrif-ten wie zu diesem Thema bekommen, abgesehen von den Straßenausbaubeiträgen. Die Zuschriften kom-men aus unterschiedlichsten Richtungen, nicht nur von den Bürgerinnen und Bürgern, die auf jeden Funkstrahl achten. Aus den Zuschriften werden Ängs-te wegen der Verwendung persönlicher Daten klar. Diese Bedenken müssen wir ernst nehmen. Wir, die FREIEN WÄHLER verstehen nicht, wieso die ur-sprünglich angedachten Veränderungen nicht beibe-halten werden. Das Innenministerium und das Ge-sundheitsministerium hatten eine solche Regelung für die Übergangszeit zunächst angedacht. Diese Rege-lung hat man jetzt herausgenommen. Wenn man die Übergangsregelung wieder aufnimmt, sind wir dabei. Wir sind der Meinung, dass man die Ängste der Be-völkerung ernst nehmen muss. Ängsten kann man nur mit Fakten entgegentreten. Jedoch sind die Fakten in diesem Bereich zu dünn. Jede angewandte Technik kann auch missbraucht werden. Der Bürger muss die Möglichkeit bekommen, ganz klar zu widersprechen. Wir, die FREIEN WÄHLER, wollen diesen Aspekt in der Gemeindeverordnung verankert haben.

 

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

 

Präsidentin Barbara Stamm: Frau Kollegin Gutten-berger hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemel-det. Bitte schön.

 

Petra Guttenberger (CSU): Frau Kollegin, Sie haben mir offensichtlich nicht zugehört. Wir wollen ein vo-raussetzungsloses Widerspruchsrecht. Dieses kann nur sinnvoll ausgeübt werden, wenn die Bürger von der Kommune oder dem Stadtwerketräger – wer immer dies tut – benachrichtigt werden. Nur dann kann ein Widerspruchsrecht in Anspruch genommen werden. Die Datenschutz-Grundverordnung sieht eine Abwägung vor. Dort müssen gesundheitliche Proble-me und Ähnliches angegeben werden. Wir wollen das nicht. Wir wollen keine Voraussetzungen. Das wollte ich klarstellen, weil das in Ihrem Redebeitrag etwas anders rübergekommen ist.

 

Präsidentin Barbara Stamm: Bitte schön, Frau Kol-legin.

 

Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Mir war es nicht klar, dass die Bürger in Kenntnis gesetzt werden sol-len. Das ist bei mir wirklich untergegangen. Wenn Sie Artikel 24 der Gemeindeordnung in der Weise ändern, dass sich unsere Bürger in diesem Punkt ernst ge-nommen fühlen, ist das absolut in unserem Sinne. Wir freuen uns darauf.

 

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

 

Präsidentin Barbara Stamm: Vielen Dank. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kolle-gin Osgyan das Wort. Bitte schön.

 

Verena Osgyan (GRÜNE): Frau Präsidentin, Kolle-ginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns einig. Wir leben in einer digitalisierten und globalisierten Welt. Im größten internationalen Social Network Face-book sind mittlerweile 30 % der Weltbevölkerung prä-sent. Deshalb liegt es auf der Hand, dass es nicht mehr sinnvoll ist, 28 nationale Regelungen zum Da-tenschutz in Europa aufrechtzuerhalten. Abgesehen davon, dass wir unterschiedliche Datenschutzniveaus haben, haben wir keine Möglichkeiten der Rechts-

 

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durchsetzung; denn internationale Plattformen – das hat sich deutlich gezeigt – halten sich nicht an natio-nales Recht. Problematisch war weniger der Daten-schutzstandard, sondern die Rechtsdurchsetzung. Deshalb ist es unglaublich wichtig, ein einheitliches Datenschutzrecht für 500 Millionen europäische Bür-gerinnen und Bürger zu schaffen. Dabei ist es nicht wichtig, ob das Unternehmen in Europa sitzt. Es geht darum, ob das Unternehmen Daten europäischer Bür-gerinnen und Bürger verarbeitet. Das bedeutet, unse-re Daten sind weltweit geschützt.

 

(Beifall bei den GRÜNEN)Allein deshalb musste die Datenschutz-Grundverord-nung kommen. Sie ist ein wirklich großer Wurf. Einige Diskussionen hierzu im Landtag fand ich in der Ver-gangenheit etwas kleingeistig. Wenn es ein alternativ-loses Gesetz gibt, dann ist es dieses.

 

(Beifall bei den GRÜNEN)Ich danke Herrn Jan Philipp Albrecht, unserem Be-richterstatter der GRÜNEN Europafraktion, der maß-geblich über die Datenschutz-Grundverordnung mit-verhandelt hat. Das ist nicht nur für ihn und die GRÜNE Europafraktion ein Riesenerfolg, sondern auch für die europäischen Bürger und Bürger.

 

(Beifall bei den GRÜNEN)Wir haben ganz viele wichtige Prinzipien verankert, beispielsweise "Privacy by Design". Das bedeutet, dass die Datensparsamkeit bereits bei der Entwick-lung von Anwendungen berücksichtigt werden muss. Erstmals können wir Unternehmen in Höhe von 4 % ihres Jahresumsatzes mit Bußgeld belegen. Interna-tionale Konzerne werden sich jetzt gut überlegen, ob sie Datenschutzverstöße dulden und sagen: Es pas-siert ja nichts. Sie sollten von Anfang den Daten-schutz berücksichtigen. Damit haben deutsche Unter-nehmen einen Wettbewerbsvorteil. Deutsche Unternehmen sind seit Langem daran gewöhnt, sich an Datenschutzauflagen zu halten. Sie wissen, wie es geht. Jetzt gibt es ein internationales Level Playing Field, an das sich alle halten müssen. Das ist auch ein Riesenerfolg der Datenschutz-Grundverordnung.Ich freue mich, dass das Anpassungsgesetz nach langer Verzögerungstaktik in Angriff genommen wurde. Der Freistaat und die Bundesrepublik Deutschland haben sich für umfassende Öffnungs-möglichkeiten der Mitgliedstaaten eingesetzt. Das kann man machen. Dies hat jedoch den ganzen Pro-zess verzögert. Wenn ich mir den Gesetzentwurf jetzt anschaue, kann ich nur sagen: Diese Öffnungsklau-seln wurden kaum genutzt. Gleichzeitig wird die Da-tenschutz-Grundverordnung an vielen Stellen aufge-weicht. Ich nenne den Grundsatz der Zweckbindung, den man viel konkreter hätte fassen müssen. Es kann nicht sein, dass Unternehmen oder öffentliche Stellen einfach ein Interesse an der Weitergabe von Daten bekunden können und dafür die Legitimation erhalten. An dieser Stelle müssen wir noch nachbessern.Einen anderen Punkt haben wir heute schon mehr-fach gehört. Dabei geht es um die Funkwasserzähler. Sie alle haben bestimmt Briefe und E-Mails aus der Bevölkerung bekommen. Im Gesetzentwurf der Staatsregierung steht mehr oder weniger nichts dazu drin. In der Begründung wird darauf verwiesen, dass das Widerspruchsrecht nach europäischem Recht gilt. Das geht so jedoch nicht. Wir können unseren Bür-gerinnen und Bürgern nicht zumuten, das Europa-recht auszulegen, wenn sie Widerspruch einlegen wollen. Vor dem Inkrafttreten des Anpassungsgeset-zes gab es ein recht weitreichendes Widerspruchs-recht. Deshalb freut es mich an dieser Stelle, dass vonseiten der CSU-Fraktion ein Änderungsantrag an-gekündigt wird, um nachzubessern. Gute und konkre-te Gesetze macht man so nicht. Wir werden ebenfalls einen Änderungsantrag auch zu anderen Stellen ein-bringen. Wir freuen uns, dass wir uns offensichtlich in diesem Parlament einig darüber sind, dass wir unse-ren Bürgerinnen und Bürgern eine sehr konkrete Handhabe geben müssen.

 

(Beifall bei den GRÜNEN)Bei der Umsetzung der Datenschutz-Grundverord-nung geht es aber nicht nur um das Anpassungsge-setz. Wir müssen auch tragfähige Strukturen schaffen. Die Datenschutz-Grundverordnung sieht vor, dass die Datenschutzbehörden künftig Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger sein sollen, wenn sich Be-schwerden ergeben. Dabei ist es egal, ob das Unter-nehmen in Irland oder in Deutschland sitzt. Allein dafür brauchen wir eine personelle und finanzielle Aufstockung der Datenschutzbehörden. Wir müssen uns auch überlegen, ob unsere Strukturen tragfähig sind. Wir leisten uns in Bayern zwei Behörden für den öffentlichen und den privaten Bereich. Das atmet nicht den Geist der Grundverordnung. Auf diese Weise werden Doppelstrukturen zementiert. An dieser Stelle müssen wir ebenfalls nachlegen. Wir fordern eine Zu-sammenlegung der Behörden. Wir freuen uns, dass die Datenschutz-Grundverordnung ab Mai unmittelbar gilt. Wir freuen uns auch, dass das Anpassungsge-setz jetzt auf dem Tisch liegt. Über die Details müssen wir in den Ausschüssen noch reden.

 

(Beifall bei den GRÜNEN)

 

Präsidentin Barbara Stamm: Vielen Dank. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den

 

vorläufiges Plenarprotokoll 17/121 v. 25.01.2018 Bayerischer Landtag – 17. Wahlperiode 19

 

Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.